Emmanuel Fritzen
Die
Modelleisenbahnanlagen in unserer Familie
1954 - Die Anfänge mit Märklin H0 und 1955
die erste Anlage in Berlin
|
Mein Vater kaufte im Jahr 1954, als
ich gerade einmal zwei Jahre alt war, die Anfängerpackung CM 827/3 von
Märklin. Diese umfasste die Tenderlokomotive der Baureihe 89 und drei
Personenwagen „Donnerbüchse“ dritter Klasse. Weiter enthalten war in der
Anfängerpackung ein Gleisoval H0 mit dem Standardgleis mit Mittelschiene. Seine alte Eisenbahn von meinem
Großvater war zu der Zeit wohl noch im Keller oder auf dem Dachboden
erhalten. Sie hatte aber einen sehr großen Platzbedarf und war auf das
ursprüngliche Gleisoval beschränkt, während die Märklin-Eisenbahn viel
weniger Platz benötigte und sich beliebig ergänzen ließ. Obendrein war der
Betrieb mit voller Netzspannung zu gefährlich. Die Märklin-Eisenbahn wurde
wohl zunächst immer nur vorübergehend auf dem Esstisch oder als „Teppichbahn“
betrieben. Zusammen mit einem handwerklich sehr
geschickten befreundeten Studenten aus der weiteren Verwandtschaft entstand
zu Weihnachten 1955 eine erste gestaltete Modelleisenbahnanlage in seinem
Musikzimmer. Sie nahm große Teile des Raumes ein. Die Platte muss etwa 3,50 m
x 1,50 m groß gewesen sein. Von dieser Anlage gibt es im
Familienarchiv zwei Fotos. Das obere Foto wurde von vorne
aufgenommen. Die Anlage stand rechts bündig an der Wand. Links und hinten war
jeweils ein etwa 50 Zentimeter breiter Gang. Die untere Aufnahme ist von hinten
links aufgenommen. Vorne an der Plattenkante lag der
Bahnhof mit dem Bahnhofsgebäude zur Plattenmitte hin. Links gab es einen recht
steilen und hohen Berg, um den ein separates Gleis verlief. Rechts war an der
Zimmerwand eine Hintergrundkulisse mit schneebedeckten Bergen aufgemalt, die
auf beiden Fotos zu sehen ist. Anhand der Fotos und aus vagen eigenen
Erinnerungen habe ich mittels des Programms WinTrack 15.0 den Gleisplan
rekonstruiert. Die Gleise des Bahnhofs müssen in
einer Ebene etwa 6 Zentimetern über der Grundplatte gelegen haben. Das recht
hohe Bahnhofsgebäude stand aber auf letzterer. Zwischen den beiden äußeren
Gleisen befand sich ein überdachter Bahnsteig. Das äußere Gleis und die grün gefärbte
äußere Streckenführung hatten keine Oberleitung. Die Streckenführung war
rechts und links des Bahnhofs leicht ansteigend bis auf eine Höhe von etwa 12
Zentimetern über der Grundplatte. Dann verlief sie über eine längere
aufgeständerte Strecke auf diesem Niveau. Dabei wurde das untere Gleis
zweimal gekreuzt. Auf diesem Gleis ist die Dampflokomotive der Baureihe 01
mit drei D-Zug-Wagen (Schlafwagen, Wagen erster Klasse und Wagen zweiter
Klasse) zu sehen. Das mittlere Gleis und die orange
gefärbte innere Streckenführung hatte Oberleitung. Dieses Gleis ist rechts
und links des Bahnhofs mit leichtem Gefälle auf das Grundplattenniveau
heruntergeführt worden und an der hinteren Plattenseite auf diesem Niveau
verlaufen. Auf der linken Seite verlief es teilweise im Tunnel. Das innere Ausweichgleis im Bahnhof
war ebenfalls mit Oberleitung versehen. Hier sieht man auf dem Foto 1 die
Elektro-Rangierlokomotive E 63 mit einem Abteilwagen mit Bremserhaus. Im mittleren Bahnhofsgleis steht auf
dem Foto 1 der offensichtlich einzige Güterwagen. Es handelt sich um den
langen Niederbordwagen mit zwei Lastkraftwagen. Der auf höherem Niveau verlaufende
blau gefärbte Kreis ohne Gleisanschluss an die Hauptstrecke wurde von der
Tenderlok BR 89 mit den drei Blechwagen „Donnerbüchse“ befahren. Die Positionen der Weichen im Bereich
des Bahnhofs basiert weitgehend auf meiner Vermutung. Mit Sicherheit kann man
im Foto 1 nur die Weiche ganz links erkennen. Im Foto 1 sind in zwei Gleisen des
Bahnhofs Entkupplungs-Gleisstücke an ihren Lichtmasten zu erkennen. Im Foto 1 sind außerdem die großen
Laternen im Bahnhofsbereich zu sehen. Diese bestanden aus langen Holzstielen
mit jeweils einer Fassung E 10 für Taschenlampen-Glühlämpchen, auf die
wiederum ein schwarzer kreisförmiger „Deckel“ geklebt war. Ich erinnere mich, dass an dem Kreis
der Tenderlok oberhalb des Bahnhofs so etwas ähnliches wie ein Haltepunkt
angedeutet war mit einem Weg hinab zum Bahnhof. Im Foto 1 sieht man dort eine
Antennen-ähnliche Struktur, die ich nicht näher deuten kann. In einer 3D-Simulation sieht die
Anlage etwa so aus: In dieser 3D-Simulation wurden die
Positionen der drei Lokomotiven wie im Foto 1 angedeutet. Der Niederbordwagen
mit den LKWs steht im mittleren Bahnhofsgleis. Diese
zweite 3D-Simulation gibt in etwa die Perspektive des Fotos 2 wieder. Auch
hier stehen die beiden Lokomotiven in ungefähr der Position wie auf dem Foto.
Auf dem Foto 2 sieht man ganz links unten im Bild den oberen Teil eines
Oberleitungsmastes, der klar zu erkennen gibt, dass die untere Strecke in
diesem Bereich außerhalb der oberen, aufgeständerten verläuft. Auf
dem Foto 2 wird links unterhalb der Türklinke deutlich, dass das mittlere und
das innere Gleis des Bahnhofs mit Oberleitung ausgestattet waren, die hier
zusammengeführt werden. Beim Gleisverlauf wäre es hier auch denkbar, dass das
innere Gleis des Bahnhofs direkt in die Kurve überging und die Weiche ein
Stück weiter rechts in der Kurve eingebaut war mit dem geraden Ast zum
mittleren Gleis. Was
sich eindeutig erschließt, ist die Tatsache, dass man mit der
D-Zug-Lokomotive sowohl den unteren als auch den oberen Streckenverlauf
abfahren konnte, während der Einsatz der Elektrolokomotive im
Oberleitungsbetrieb auf die elektrifizierte innere Streckenführung beschränkt
war. Die
Grundplatte bestand aus Hartfaserplatten, die auf schmale Leisten
aufgeschraubt waren. Auch der Unterbau des Bahnhofs und der Gleisführungen
rechts und links war mit Hartfaserplatten ausgeführt. Die Gesamtplatte
bestand aus zwei Teilen, die in der Mitte zusammengesteckt und verschraubt
waren, so dass man sie nach dem Abbau in zwei Teilen transportieren und aufbewahren
konnte. Die Landschaft war aus Zeitungspapier modelliert, welches durch
Pappstrukturen unterfüttert war. |
Zurück zur Übersichtsseite Modelleisenbahn
Bearbeitungsstand: 28. Dezember 2022