Emmanuel Fritzen
Die
Modelleisenbahnanlagen in unserer Familie
1963 – Die
Kinder übernehmen
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Es war gar nicht so einfach, die
Details für diese erste Anlage der nächsten Generation nach fast 60 Jahren wieder
zusammenzutragen, da uns zunächst auch keine Fotos vorlagen. Hier bedurfte es
eines regen Austauschs per Mail mit den Geschwistern rund um den Globus. Ich erinnerte
mich, dass ich während unserer Auslandsjahre in Taiwan im Schuljahr 1966/67
aus dem Gedächtnis eine Skizze angefertigt hatte. Ich habe sie nach einigem
Suchen in meiner Bibliothek in einem Hefter mit der Bezeichnung
"Pläne" wiedergefunden. Ich zeige hier zunächst diese Skizze.
Sie zeigt die Anlage von der Fensterfront im Erker des Werkraumes in der in
Landkarten üblichen Nord-Ausrichtung gesehen, also der Sicht des Raumen von
den Fenstern hinter der Anlage aus. Auf der Grundlage dieser Skizze konnten
wir mit den Geschwistern sehr viele Details rekonstruieren. Die Anlage stand von der Mitte des
Raumes aus gesehen rechtsbündig an der rechten Erkerwand (Westwand), also
genau andersherum als auf dieser Skizze. Man konnte aber links und an der
Südwand vor den Fenstern in einem schmalen Gang hinter die Anlage gehen. Der
Unterbau bestand aus zweifächerigen Apfelsinenkisten, die flach lagen. Hier ein digitaler Nachbau der Anlage
mit WinTrack 15.0 in der gleichen Sichtweise von der Fensterwand Violett: Ebene auf der Grundplatte auf
dem Niveau 0 cm Grau: Ebene des Bahnhofs auf einem
Niveau von zirka 6,5 cm Grün: Ebene der oberen Streckenführung
auf einem Niveau von zirka 13 cm Von der Fensterseite aus gesehen muss
die Anlage etwa wie folgt ausgesehen haben: Der Bahnhof lag zentral auf der
Anlage. Das Bahnhofsgebäude mit seinem Bahnsteig stand am südlichen
Ausweichgleis, welches ich in der folgenden Zählung als Gleis 1 bezeichne.
Die Gleise 4 und 5 waren Abstellgleise, die in einem Lokschuppen endeten. Wenn man vom Gleis 2 ostwärts in
Richtung des violetten Pfeils startete, stieg die Strecke in einer
Rechtskurve auf das obere Niveau auf und verlief parallel zur südlichen
Plattenkante und überquerte auf einer Brücke einen Taleinschnitt. Hinter der
Brücke verlief die Hauptstreckenführung an der Weiche geradeaus, lief am
westlichen und dann am nördlichen Plattenrand entlang. In einer abfallenden
Rechtskurve erreichte man das Gleis 3 des Bahnhofs. Diesen verließ man an
einer doppelten Kreuzungsweiche in einer abfallenden Rechtskurve und gelangte
auf das untere Plattenniveau. Hier unterquerte man das obere Gleis und
gelangte danach in einen Tunnel. Diesen verließ man am Taleinschnitt bei der
Brücke, unterquerte diese in einer S-Kurve und gelangte in einen zweiten
Tunnel. In diesem stieg die Strecke in einer Rechtskurve wieder auf das
Bahnhofsniveau auf und mündete im Gleis 2, in dem die Fahrt begonnen hatte. Über die sogenannte „Spange“ in
Verlängerung des Gleises 3 zur Brücke auf dem oberen Niveau konnte man die
Fahrtrichtung ändern. Über die Spange und die Bahnhofsgleise
1 oder 2 konnte man auch in einem kleinen Kreis fahren. Neben den zwei Abstellgleisen stand
der Märklin-Drehkran an einer Ladestraße. Auf dieser nördlichen Seite des
Bahnhofs befand sich aber der eher städtische Teil mit einer Faller-Häuserzeile
aus der Gründerzeit und zunächst selbstgebauten Geschäfts- und Hochhäusern.
Mein Bruder hatte auch Häuser aus einem Papierbausatz aus Frankreich in
Ockergelb und Weiß gebaut, die aber im Maßstab 1:100 waren. Diese wurden im
Laufe der Zeit teilweise durch neu angeschaffte Faller-Bausatzhäuser
ausgetauscht. Das von meinem Bruder selbst gebaute
sehr detailgetreue und aufwändige Bahnhofsgebäude stand auf der südlichen
Seite des Bahnhofs. Unterhalb des Bahnhofsgebäudes zur Brücke und zu der
Straßenunterführung hin befand sich ein eher ländlicher Teil der Stadt mit
mehreren Einfamilienhäusern und der Gärtnerei von Faller. In dem Bereich
südöstlich des Bahnhofs befand sich ein kleines Industriegebiet mit
Petrochemischen Anlagen und einem Kesselhaus mit hohem Schornstein von
Vollmer. Das rollende Material wurde für diese
Anlage um zwei Kesselwagen (BP-Tankwagen und Braunkohlenstaub) und einen
Beiwagen zum Schienenbus ergänzt. Da das Budget der Eltern für diese
Eisenbahnanlage begrenzt war, ermunterten sie uns, weitere Wünsche zu
Geburtstagen und zu Weihnachten zu artikulieren. Davon machte ich im
Gegensatz zu meinen Geschwistern lebhaften Gebrauch. Diese Anlage war sehr gut durchdacht
und akribisch ausgeführt. Ich habe an dieser Anlage von meinem Bruder viele
entscheidende Grundlagen für den Modelleisenbahnbau gelernt. Fotos von der Anlage Die folgenden 14 Fotos hatte mein
Bruder als Schüler im Fotolabor der Schule selbst entwickelt und abgezogen.
Sie sind im Laufe der Jahrzehnte stark verblasst. Trotzdem kann man die
Anlage gut nachvollziehen. Dieses Bild 1 gibt den Blick
von der Mitte des Werkraums auf den nördlichen Teil der Anlage. Man sieht den
Bahnhof, im Hintergrund das von meinem Bruder selbst gebaute Bahnhofsgebäude,
links den Lokschuppen aus Sperrholz, in der Mitte den Drehkran, davor die
Gründerzeit-Häuserzeile und rechts und links jeweils Geschäftshäuser, die
mein Bruder selbst gebaut hatte. Sichtbar ist auch die Straßenunterführung
unter den Kreuzungsweichen hindurch von dem vorderen Teil der Stadt zum
hinteren. Der Kran stand auf dem Geländeniveau der Stadt und konnte von dort
Gegenstände auf Güterwagen im Abstellgleis im Bahnhof verladen, die zirka 6,5
cm höher standen. Vorne an der Plattenkante fährt die E
44 Oberleitungslok mit den drei D-Zug-Wagen. Die Tenderlok der Baureihe 89
steht mit zwei Personenwagen „Donnerbuchse“ im Abstellgleis zwischen den
Güterwagen. Hinter der Straßenunterführung kann
man auf der rechten Seite die Gärtnerei sehen. Ich hatte sie erst nach dem
Bau der Anlage bekommen. Der Platz reichte nicht ganz aus. Die drei Frühbeete
standen deshalb nicht ebenerdig, sondern schräg am Berghang. Im Foto ist das
vordere von diesen leicht verrutscht und steht schräg. Das Bild 2 zeigt links die zwei
Weichen zu den Abstellgleisen und die zwei doppelte Kreuzungsweichen über der
Straßenunterführung. Im Hintergrund sieht man ein Eigenheim und die
Gärtnerei. Der D-Zug fährt vom Gleis 2 auf die Verbindungsspange zur oberen
Strecke. Dieses Bild 3 zeigt den
nördlichen Teil der Stadt. Links in der Schleife stand ein von meinem Bruder
selbst gebaute Hochhaus aus bräunlich-grauer Pappe. Es hatte recht große
Fenster. Das Faller-Hochhaus, das moderne Kaufhaus und das Geschäftshaus
Helvetia fehlen noch auf der Anlage. Diese wurden erst später angeschafft und
sie standen in der rechten Schleife und ersetzten einige Gebäude des
französischen Papierbausatzes, die ja maßstäblich zu klein waren. Auf diesem Foto erkennt man auch, dass
der Unterbau der Anlage aus liegenden Apfelsinenkisten bestand. Die Arbeit an
den Kabeln unter der Platte war selbst für uns Kinder eine echte
Herausforderung! Dieses Bild 4 zeigt die Bahnhofsanlage.
Das Bahnhofsgebäude mit seiner komplexen Architektur ist gut erkennbar. Man
sieht auch deutlich den Höhenunterschied zwischen der Grundebene, auf der der
Kran steht, und der Bahnhofsebene der Abstellgleise. In der Schleife hinter dem Bahnhof
sieht man das Industriegebiet mit dem Kesselhaus mit dem hohen Schornstein,
die petrochemische Anlage bestehend aus zwei schlanken Kesseln und die drei
von meinem Bruder aus Konservendosen gebauten Öltanks. Das Bild 5 ist von der
östlichen Seite der Anlage aufgenommen und zeigt den Bahnhof in Längssicht. Der
Lokschuppen steht und links das Bahnhofsgebäude. Die Dampflok der Baureihe 01
zieht Güterwagen, die E 44 die D-Zug-Wagen und der Schienenbus hatte schon
den Beiwagen, den ich mir zu Weihnachten gewünscht hatte. Das äußere
Abstellgleis hatte wegen des Krans keine Oberleitung. Hier im Bild 6 steht die E 44
mit den D-Zug-Wagen schwach erkennbar an den Stromabnehmern am Doppelsignal
auf der Außenrunde. Aus der Spange fährt gerade die Dampflok 01 mit
Güterwagen in das obere Gleis auf die Stahlträgerbrücke. Unten kommt der
Schienenbus mit Beiwagen auf der unteren Runde gerade aus dem Tunnel. Dieses Bild 7 ist aus der
gleichen Perspektive aufgenommen, wie das Bild 5. Da es ein Hochformat ist,
sieht man auch den Hintergrund. Dort steht die Kapelle auf dem Berg in der
Spange. Die hintere obere Streckenführung ist anhand der
Oberleitungs-Fahrdrähte erkennbar. Hier sieht man auch den
Unterbrechungskontakt für die Oberleitung für das Doppelsignal. Im
Hintergrund sind noch Wandmalereien zu erkennen. Im Bild 8 fährt der D-Zug über
die Stahlträgerbrücke, während der Schienenbus unter dieser auf der S-Kurve
fährt. Die Einfamilienhäuser stehen heute alle in meiner aktuellen Anlage in
Talheim. Das Bild 9 ist aus der gleichen
Perspektive aufgenommen wie die Bilder 5 und 7, nur von sehr viel höher.
Dadurch bekommt man einen sehr schönen Blick auf das Bahnhofsgebäude und auch
auf die Papierhäuser hinten rechts und vorne neben dem Lokschuppen. Das Bild 10 zeigt eine ähnliche
Situation wie das Bild 8. Nur fährt hier die E 44 mit dem D-Zug in
umgekehrter Richtung. Hier kann man sehr schön erkennen, wie der Berg innerhalb
der Spange aus Pappkartons, und Eierkartons mit darüber geklebtem
Zeitungspapier gebaut wurde. Die Kapelle ist auch sichtbar und die
vereinzelten Faller-Tannen. Unmittelbar vor der Lokomotive gabelt sich die
Strecke in die Spange und die Außenrunde. Dieses Bild 11 ist von der
Westwand her aufgenommen. Man sieht wieder das Bahnhofsgebäude mit dem Glasdach
über dem Bahnsteig von Gleis 1. Die Rangierlokomotive E 63 ist im linken
Abstellgleis zu erkennen. Und auf diesem Bild 12 sieht
man in der Schleife sehr gut die Häuser aus dem französischen Papierbausatz. Das Bild 13 zeigt drei
Eigenheime unterhalb der Stahlträgerbrücke, die schmucke Pension links im
Hintergrund und die Gärtnerei mit den am Berghang aufsteigenden Frühbeeten.
Es lässt auch erkennen, wie wenig detailliert damals die Modellautos damals
noch waren. Dieses Bild 14 zeigt den D-Zug
auf der unteren Ebene. Er kommt aus dem Tunnel und unterquert die Strecke,
die in die obere Außenrunde geht. Auf der anderen Seite des Bahndamms sieht
man das Hochhaus mit den großen Fenstern, das selbst gebaute Wohn- und
Geschäftshaus aus dem rot-weißen Ziegelpapier und links am Hang die
Industrieanlagen. Hier kann man deutlich erahnen, dass die Tanks aus
Konservendosen gebastelt waren. Im Hintergrund sieht man noch die
alten Wandmalereien unterhalb der beiden Fenster im Erker. |
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Bearbeitungsstand: 28. Dezember 2022